Als ich an dem Punkt war, die wenig übrig gebliebenen Haare abzurasieren, spürte ich einen letzten Widerstand. Mir fiel auf, dass es aus der Zeit des Haarausfalls nur wenige Bilder von mir gab. Und wenn, dann mit Mütze. Wenn ich die Haare nun also abrasierte, ohne den Zustand vorher nochmal bildlich festzuhalten, dann verpasste ich eine Gelegenheit. Möglicherweise kommen meine Haare ja nie wieder. Es kam mir so vor, als hätte ich diese Phase meines Lebens nicht gewürdigt.
Also suchte ich mir fix einen Fotografen. Über die Arbeit kannte ich Christoph Tappé, mit dem ich mir vorstellen konnte, ein Vorher-Nachher-Shooting zu machen. Also rief ich ihn an, erklärte was ich wollte und er hatte tatsächlich Zeit für und Lust auf dieses Projekt. So trafen wir uns einige Tage später in seinem Studio. Ich war sehr nervös. Immerhin wollte ich vor einer Kamera zeigen und verewigen, was ich zuvor jahrelang versteckt und für hässlich gehalten hatte.
Die Bilder wollte ich bewusst puristisch halten. Der Fokus sollte nicht von Kleidung oder Make-up eingenommen werden, sondern ganz einfach auf dem Gesicht und den wenigen Haare liegen. Durch ein Einstiegsgespräch und Christophs relaxte Art rückte die Sensibilität des Themas schnell in den Hintergrund. So konnten wir ganz entspannt shooten.
Vor der Kahlrasur
Als ich die Bilder dann schon mal auf der Kamera sah, war ich selbst überrascht. Zum einen von der Schonungslosigkeit, mit der Bilder einem das Elend ins Gesicht schlagen können. Zum anderen hatte ich mir vorher ausgemalt, dass die Stimmung auf den Bildern eher traurig, melancholisch, frustriert oder sowas in der Richtung sein würde. Stattdessen sah ich einfach eine Frau, die ein Shooting hatte, das ihr Spaß machte.
Es ist Christoph Tappé gelungen, eine Atmosphäre zu schaffen, in der ich einfach ich sein konnte. Ganz unkompliziert und frei, ohne dass es irgendwie komisch oder anstrengend gewesen wäre. Ich bin sehr dankbar, dass es diese Bilder sind, die von mir aus dieser Zeit bleiben werden.